„Albondigas in Tomatensauce sind in etwa das Spanischste, was die spanische Tapas-Küche zu bieten hat“, schreibt die Lebensmittelkette „Edeka“ auf ihrer Internetseite. Die Albóndigas haben aber auch einen sefardischen (jüdischen) Hintergrund, wie wir mit dieser Dokumentation von drei Rezepten aufzeigen können. Und die Tomaten waren urspünglich nicht dabei, ganz klar!

Wer werden hier drei Rezepte aus unterschiedlichen Zeiten vorstellen, von denen wir zwei bereits nachgekocht haben, eins historisch auf offenen Feuer. Da es für uns ein Hobby ist, laden wir Euch ein, die Rezepte nachzukochen, freuen uns auf Eure Erfahrungen und Tricks.

Verfluchte Fleischbällchen !

Fangen wir mit dem ältesten Rezept an: Makabib la’nuha al-yahud (=jüdische Fleischbällchen) aus dem mittelalterlichen Kochbuch Kitāb Waṣf al-aṭʿima al-muʿtāda (‘The Book of the Description of Familiar Foods’), Ägypten, 14. Jhd. Hélène Jawhara Piñer hat in ihrem Buch „Sephardi“ ( 9781644695319) das Rezept übertragen und nachgekocht, auf Dt. nun folgendermaßen:

Etwas über eine 1. Std. Zubereitung in einer modernen Küche, etwas länger auf offenen Feuer wg. Anheizen:

Zutaten:

  • 450 g Rinderhack
  • 1/4 Teelöffel schwarzer Pfeffer
  • 1 Teelöffel Salz
  • 1/3 Tasse gehackte Petersilie
  • 10 gehackte Minzblätter
  • 10 gehackte Sellerieblätter
  • 1 Ei, aufgeschlagen
  • 3/4 Tasse o. 150 g Olivenöl zum Braten

Zubereitung:

Wasser kochen und das Fleisch nur für 10 Sekunden kochen. Dann herausnehmen.

Das Fleisch in eine große Schüssel legen, das Wasser vorher abtropfen lassen. Den schwarzen Pfeffer, das Salz, Petersilie, Minze und Sellerieblätter dazugeben. Vermischen! [Beim Kochen auf dem offenen Feuer hatten wir alles, bis auf frische Petersilie, diese wurde mit Mangold ersetzt]

Das Ei aufschlagen und über die Fleischmischung geben. Vermischen!

Nun das Öl in die Pfanne geben und auf mittlere Hitze erhitzen. [Ich habe das offene Feuer in einer Feuerschale angemacht]

Aus der Fleischmasse walnussgroße Fleischbällchen formen. In die Pfanne legen und für 3 Minuten anbraten. Dann, die Fleischbällchen wenden und solange anbraten, bis sie schön braungebrannt sind. Danach servieren.

Ich hatte vorher noch Auberginnenscheiben auf dem offenen Feuer gegrillt. Und so wurde es am Ende eine Auberginen-Fleischklößchenpfanne, zu der Brot und Wein gereicht wurde.

Das Ursprungsrezept hieß übrigens „Fleischbällchen, verflucht von den Juden“. Auch Dr. Piñer, die sich sehr intensiv mit den andalusischen Kochbüchern beschäftigt hat, konnte nicht erklären, woher dieses „verflucht“ herkam. In einer späteren Fassung, so wußte sie, taucht das Rezept nur noch als „Jüdische Fleischbällchen“ auf.

Fleischbällchen nach Beatriz de Díaz Laínez

Das zweite Rezept, leider noch nicht ausprobiert, stammt aus der spanischen Inquisitionszeit. Hier heißen die Albóndigas noch altspanisch Albondequexos. Wir möchten damit an die Conversa (zum Christentum zwanghaft übergetr. Jüdin) Beatriz de Díaz Lainez erinnern.

Das Rezept stammt aus „A Drizzle of Honey“ von David M. Gitlitz und Linda Kay, die aus den Akten der spanischen Inquisition die Kochgewohnheiten der Conversos rekonstruiert haben. Tragischerweise wissen wir nur vom Fleischbällchenrezept von Beatriz, da sie von einer Hausangestellten „verpfiffen“ worden ist. Diese Küchenhilfe, Ana Gómez mit Namen, berichtete den Inquisitoren, dass Beatriz für Familie und Angestellte verschiedene Gerichte kochte und verriet zudem das Rezept der Fleischbällchen, dass uns auf diese Weise erhalten blieb. So sind uns viele Rezepte und Namen aus den Inquisitionsakten überliefert. Die Verfolger sorgten (unbeabsichtigt) für die Erinnerung an die Verfolgten.

Zutaten:

  • 500 g Rinderhack
  • 1 aufgeschlagendes Ei
  • 1/2 Tasse Cilantro (Korianderkraut)
  • 2 Esslöffel Mehl
  • 1/3 Tasse Olivenöl

Für die Gewürzmischung:

  • 1/2 Teelöffel Gewürznelken
  • 3/4 Teelöffel Zimt
  • 1 Teelöffel Ingwer
  • 1/2 – 1 Teelöffel Salz
  • 1/4 Teelöffel Pfeffer

Zubereitung:

In einer großen Schüssel das Fleisch und das Ei vermischen.

In einer Schale die Gewürz mischen und danach zum Fleisch geben. Cilantro hinzufügen. Zusammenmischen.

Aus der Mischung kleine Fleischbälle formen, etwa haselnussgroß. Das Rezept ergibt etwa 20 Bällchen.

Die Fleischbälle im Mehl rollen.

Das Öl in der Pfanne erhitzen. Bei mittlerer Hitze die Fleischbällchen braten bis sie braun werden. Wenden. Insgesamt ca. 8 bis 10 Min. braten.

(Jüdische) Fleischbällchen

Das letzte Rezept ist ein Rezept, das aus der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg stammt und zwar im „The Gourmet´s guide to Jewish Cooking“ von Bessie Carr u. Phyllis Oberman erschien. Meine Ausgabe ist aus dem Jahr 1983 und stammt aus den Beständen der US-Army. Das Ursprungsbuch erschien bereits 1973 in London. Für uns ist es eine Referenz der jüdischen Küche am Ende des 20. Jhd. in Europa/USA. Das spiegelt auch sehr schön der freundliche Hinweis am Ende am Ende des unten vorgestellten Rezeptes: „Fleischbällchen können gebraten werden und auf Büfetts auf Cocktail-Spießen serviert werden.“ (Carr/Oberman S. 27)

Zutaten:

  • 250 g Rinderhack
  • 1 Ei
  • Eine Prise Pfeffer
  • Ein Teelöffel sehr fein gehackte Zwiebel
  • 1 Prise Knoblauchsalz:

Zubereitung:

Alle Zutaten zusammen mischen. Bällchen, etwa wallnusgroß, daraus formen. Danach in eine kochende Suppe, Tomatensuppe, Hühnernudelsuppe, geben. Hitze reduzieren und etwa 15 Min. köcheln lassen. Danach servieren. Hinweis s.o. Die Bällchen können auch gebraten werden.

Dieses Gericht ähnelt verblüffend dem oben von „Edeka“ erwähnten spanischen Tapas-Gericht.

Wir haben die Fleischbällchen angebraten, allerdings nicht für Cocktail-Spieße, sondern mit Couscous, Ackerbohnen und einige Salatblätter. Das sah so aus:

Fotos und Text: Essen ist Erinnerung