Brot war lange Zeit, Jahrhundert und Jahrtausende lang, das Hauptnahrungsmittel der Menschen. Auch heute zählt es noch zu den Grundnahrungsmitteln. Als Kind konnte ich Brot aus einem Holzbackofen im Freilichtmuseum Molfsee (nahe Kiel) frisch genießen. Das schmeckte gut ohne Butter und Belag. Das historische Backhaus ist im Museum noch dort, wo ich es in Erinnerung hatte.

Brote aus dem Holzbackofen

Wie der Zufall es will, arbeite ich nur wenige Meter von einem erhaltenen historischen Holzbackofen entfernt und kann das kindliche Erlebnis des frischen Brot aus einem historischen Ofens mehrmals im Jahr wiederholen und kann mich erinnern. Manchmal kann die Welt auch ein Paradies sein!

Bei dem erwähnten Ofen handelt es sich um eine aus dem 18. Jhd. stammende Anlage, die Waisenkinder, Studenten und Mitarbeiter der Franckeschen Stiftungen mit Brot versorgte. Denn 1727, dem Jahr als August Hermann Francke starb, lebten in den Stiftungen 3.000 Menschen, darunter 2.000 Kinder, die meisten Waisen. Das war eine kleine Stadt. Diese mußten versorgt werden. Einkauf auf dem lokalen Märkten hatte bereits zu Ärger mit der direkt angrenzenden Stadt Halle geführt. So sorgte Francke, angeregt vom preußischen König Friedrich Wilhelm I. für den Erwerb von Ackerflächen im Nahbereich des Stiftungsgeländes und auch in der Umgebung. Heute sind noch einige Güter, die zu den Stiftungen gehörten, lokalisierbar. Für die Weiterverarbeitung entstand ab 1709 zuerst eine Backstube im Erdgeschoß des Englischen Hauses, später ab 1716 ein Brau- und Backhaus. Dieses wurde 1738 noch einmal als Gebäude neuerrichtet, da das alte Haus für die Bedürfnisse der stetig wachsenden Zahl der Bewohner der Franck. Stiftungen nicht ausreichte. Die großen Mengen an Getreide, die für das Brot für das Waisenhaus und die Schulstadt benötigt wurden, kann man sich kaum vorstellen. Zudem wurde Getreide für das Bierbrauen benötigt. Zwar war die Wasserversorgung dank eigener Leitungen besser als in Halle, aber auch die Waisenkinder erhielten, um Krankheiten zu vermeiden, (dünnes) Bier zum trinken. Die Backräume befanden sich im östlichen Teil des Gebäudes und nach der Renovierung tauchte dort hinter einer Wand ein alter Backofen auf, der heute wieder genutzt wird.

Franckesche Stiftungen (Winterbild)

Nach einem Brand wurde 1837 der Brau- und Backbetrieb eingestellt und das Haus an die Cansteinsche Bibelanstalt verkauft. Das Gebäude ist heute noch erhalten und wurde 1992/2010 saniert und restauriert. Dort ist u.a. die Geschäftsstelle der nach der Wiedervereinigung von Deutschland neu ins Leben gerufenen Franck. Stiftungen untergebracht. Der alte Backofen aber wird zwei- bis dreimal im Jahr von lokalen Biobäckern für Veranstaltungen der Stiftungen befeuert, Brot und Kuchen wird gebacken , die von Besuchern oder Stiftungsmitarbeitern gekauft werden können. Ich muß nur meiner Nase folgen!

Quellen und Links:

Das Hallesche Waisenhaus : Die Franckeschen Stiftungen mit ihren Sehenswürdigkeiten / Hrsg. v. Thomas Müller-Bahlke. – 3., erw. u. akt. Aufl. – Halle/Saale : Verlag der Franckeschen Stiftungen, 2015. – 143 S.: Abb. – (Kataloge der Franckeschen Stiftungen ; 1)

https://www.francke-halle.de/de/

https://freilichtmuseum-sh.de/de/startseite-molfsee

Fotos und Text: Essen ist Erinnerung im Lebendige Geschichte e.V.