Beginnen wir mit einer Erinnerung. Immer wenn uns im Freilichtmuseum der Turmhügelburg Lütjenburg der dortige Vereinschef Hartmut Eller (+29. 01. 2021) antraf, so waren wir beim Essen oder am Kochen. Es gab deswegen so manche bissige Bemerkung von ihm, die nicht böse gemeint war, wie wir wussten. Aber es fiel schon auf.
Wir machen Reenactment und Historische Darstellung. Und dabei haben wir auch immer gekocht, d.h. wir haben historisch gekocht. Bei Veranstaltungen, die wir organisiert haben, wurde auch für ein ganzes Veranstaltungslager mit 160 Personen Essen zubereitet. Es gab Schaukochen und es gab kleine Gerichte für eine Handvoll Darsteller in einem kleinen norddeutschen Freilichtmuseum. Es gab Gerichte zu einem großen Heerlager. Es gab immer Gelegenheit, etwas zu kochen. Zum Dokumentieren, zum Recherchieren und Reflektieren kamen wir dagegen seltener.
Das Kochen (und das Essen) war also immer Teil unserer (mittelalterlichen) Darstellung. Die Frage „Essen Sie das wirklich“ wich mit der Zeit der Frage „Dürfen wir auch einmal probieren?“ Es sah also immer leckerer aus, was wir machten. Für die ottonische Darstellung haben wir sogar einst einen Vereinsküchenführer erstellt. Zu einer Aktualisierung sind wir nicht mehr gekommen.
Es kam die Coronazeit, das Alter, die Unlust durch die Gegend zu fahren und nörgelnde Vereinsmitglieder. Andere waren schon zuvor ausgestiegen und hatten sich auf ein anderes Hobby konzentriert z. B. Fotografieren. Auch rutscht die Mittelaterszene immer weiter in den Rechsextremismus ab. Bekannte Landesmuseen befördern sogar diesen Trend. So stellte ich mir kurz vor Weihnachten 2022 die Frage: Wollen wir das Mittelalterabenteuer beenden?
Im größten Frust erreichte mich ein Buch aus den USA von der Köchin und Historikerin Dr. Hélène Jawhara Piñer, die in dieser veröffentlichten Dissertation mit dem Titel „Jews, Food and Spain“ hauptsächlich das erste bekannte iberische Kochbuch auch bekannt als Kitāb al-Ṭabikh fī al-Maghrib wa al-Andalus fī ʽAṣr al-Muwaḥḥidīn, li-muʽallif majhūl untersucht (s.u.)
Am Ende ihres Buches steht der wundervolle Satz: „To eat is to remember“. Und damit war der Titel dieses Blogs geboren und der Titel eines Projektes bei dem wir in einer modernen Küche, in einem Holzbackofen und auf offenen Feuer etc. hist. Rezepte ausprobieren und dokumentieren werden. D.h. wir versuchen nicht mehr alles zu machen, das gesamte Alltagsleben abzubilden, sondern werden uns auf die Erinnerungsarbeit des Kochens (und Essens) konzentrieren und der Recherche dazu. Darauf freuen wir uns sehr. Wie die Ratte Rémy im Animationsfilm Ratatouille so eindrucksvoll bewiesen hat: „Jeder kann kochen!“
Das Team „Essen ist Erinnerung“ im Lebendige Geschichte e.V.
P.S.: Thx so much, dear Hélène Jawhara Piñer.